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Die Hirten aus Siebenbürgen

In Rumänien gibt es viele Menschen die ihrer täglichen Arbeit auf sehr traditioneller Art und Weise nachkommen. Das machen sie meist nicht freiwillig und das Leben hart und entbehrungsreich. Jede Form von Sozialromantik ist hier, meiner Meinung nach, fehl am Platz.

 

Rumänien ist ein Land mitten in Europa. Ein Vielvölkerstaat mit unterschiedlichen Religionen und riesigen sozialen Spannungen. Bukarest ist ein Schmelztiegel in dem Geld verdient wird. Siebenbürgen und weite Teile des Landes sind in ihrer Entwicklung um Jahrzehnte zurück.

 

Oben in den Bergen leben die Hirten den Sommer über bei den Schafherden und Hunden. Sie leben unter einfachsten Bedingungen. Ein aus Brettern zusammengezimmerte Hütte, Essen über dem offenen Feuer kochen, eine kleine Solaranlage, um das Radio laufen zu lassen. Täglich melken die Hirten mehrere hundert Schafe zweimal am Tag. 


Wir sind in Viscri weit vor Sonnenaufgang mit einem typischen Pferdewagen aufgebrochen, um die Hirten zu besuchen. Unsere Begleitung  warnt uns vor den Hunden die rund um die Herden leben. Diese Herdenhunde sind halbwilde Tiere die von den Hirten lediglich gefüttert werden aber ansonsten unabhängig dort leben und durchaus gefährlich werden können. Nach ungefähr einer Stunde fahrt hörte wir die ersten Hunde bellen. Sie hatten uns zeitig entdeckt. Kurz danach rumpelt unser Wagen über eine weitläufige Weide Richtung Schafpferchen. Im ersten Morgengrauen kommen die Hirten von ihrer Hütte rüber und beginnen mit dem Melken. Eine kleine Schutzhütte bietet Platz für 4 Hirten. In der Rückwand gibt es 4 Klappen durch die die Schafe aus dem Pferch, zu den Hirten und dann raus auf die Weide gelassen werden.  3 Stunden geht das so. 

Am Ende werden die Milchkannen vom Melkstand zu Hütte der Hirten getragen. Hier beginnt der zweite Teil der Arbeit. In einer eigenen Hütte wird hier die Milch zu landestypischen Käsesorten verarbeitet. Das Dach ist mit einer dicken Schicht Brennesselheu gegen die Wärme der Sommersonne geschützt. Die Wände im inneren sind in einem hellen Lichtblau gestrichen.  Durch Spalten zwischen den Brettern fällt das Sonnenlicht und weht der Wind in die Hütte. Auf einem Regal lagern große runde Käselaiber in unterschiedlichen Reifenstadien. In einer Ecke entdecke ich eine kleine Ikone. Sicher dient sie dem göttlichen Beistand bei dieser Arbeit.

Hier wird die Milch gesammelt und verarbeitet. Ein paar Bilder zeige ich euch hier.

Jeder Laib wird einmal am Tag mit einem feuchten Tuch abgerieben und gewendet. 

Während der Brigadeleiter den Käse verarbeitet, kochen die anderen über dem offenen Feuer in einem riesigen Topf Polenta und in einer Kanne schwarzen Kaffee. Das Frühstück besteht aus frischer Polenta geformt zu einer Kugel, die mit Frischkäse gefüllt ist. 

Ein Genuß .... Dazu gibt es Kaffee und zum Schluss einen obligatorischen Schnaps. Gemeinsam sitzen wir an einem Tisch vor der Hütte und schauen über das Land. Ein Hahn kräht und die Hunde lungern um die Hütte und warten auf das Fressen. Auf der Wiese grast ein Pferd.


Diese Ruhe hält nicht lange an. In der Ferne hören wir Motorengeräusche. Zwei PickUps voll mit Männern kommen über die Wiese. Eine Gruppe Schafscherer. Sie kommen im Auftrag der Schafbesitzer um eine Gruppe von Schafen zu scheren. Die Hirten hatte dies bereits am Morgen im Pferch belassen. Auch funktioniert die Arbeit per Hand. Nach einer kurzen Begrüßung holen die Männer ihre Handscheren aus den Autos und beginnen in einer unheimlichen Geschwindigkeit die Schafe zu scheren. Es dauert vielleicht eine Stunde und schon liegt ein großer Berg Schaffließe neben dem Gatter. Jedes Schaf wird gekennzeichnet und freigelassen.

 

Wie ich am Anfang schon geschrieben habe, es ist wichtig das harte und entbehrungsreiche Leben der Hirten realistisch zu betrachten, anstatt es zu romantisieren. Die Hirten leben unter einfachsten Bedingungen hier oben. Der Käse der hier produziert wird gehört den Besitzern der Schafe und wird regelmäßig in den Ort gebracht. Einen Teil behalten die Hirten. Er ist Teil der Entlohnung. 

Lange wird das so nicht mehr funktionieren. Die Hirten erzählen das im Tal eine große Käserei gebaut werden soll. Eine Käsereimeister aus Frankreich soll kommen Dann wird die Milch direkt ins Dorf, in die Käserei geliefert. Ob dann für diese Männer noch genug Arbeit und Lohn bleibt? So werden sie sicher im Europäischen Markt nicht bestehen können. Mit einem Käse lässt sich auch in Rumänien kein Dach reparieren.  Die Männer sind skeptisch, ob es denn auch alles so kommt. Zu viele Pläne sind hier in den letzten Jahren im Sumpf der Korruption versunken.

 

Bis es so weit kommt, tragen diese Hirten voller Stolz ihre Hirtenmützen und melken wie vor hundert Jahren zweimal am Tag ihre Schafe...

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Kommentare: 1
  • #1

    Steven (Dienstag, 30 Januar 2024 22:31)

    Die Bilder strahlen eine totale Ruhe und Natürlichkeit aus. Ich bin überrascht wie beruhigend sie auf mich wirken. Schade das die Zukunft der Hirten so ungewiss ist.

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