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Friedhof in Skwierzyna

Anlässlich eines Familienurlaubs haben ich in der polnischen Kleinstadt Skwierzyna einen fast verfallenen jüdischen Friedhof entdeckt.

Das war eine kleine Überraschung. Klar wusste ich, dass Polen eine jüdische Geschichte hat. Wer kennt nicht Schindlers Liste und das jüdische Viertel Kazimirez in Krakau.

Die polnische Geschichte ist geprägt von religiöser Toleranz. Es gab regelrechte Zuzugswellen in frühen Mittelalter. Die erste zur Zeit des 1. Kreuzzuges im Jahre 1096 .

Auch einer vorübergehend zunehmenden Intoleranz, geprägt durch die römisch-katholische Kirche und die Intoleranz gegenüber Juden in den angrenzenden Nationalstaaten, stellte sich der polnische König Bolesław der Frommer 1264 mit einer Charta der jüdischen Freiheit entgegen. Polen war lange das jüdische Zentrum in Europa. Jüdische Historiker haben festgestellt, dass das Wort Polen im hebräischen als Polin oder Polonia ausgesprochen wird und man das Wort Polonia in die drei hebräischen Worte po (hier), lan (wohnt) und ya (Gott) teilen kann. Po (hier), lin (sollte man wohnen).  All das bezeugt die positive Einstellung der Polen zum Judentum in der Vergangenheit.

 

Erst in der Zeit des Kommunismus wurden die alten, antisemitischen Ressentiments wieder bemüht, um Zweifel an der Regierung Władysław Gomułka in den Zeiten studentischer Unruhen zu zerstreuen. Der damalige polnische Innenminister Mieczysław Moczar startete eine antisemitische Kampagne unter dem Zeichen des Antizionismus. Eine Aufarbeitung der jüdischen Geschichte war im kommunistischen Polen verboten und viele Friedhöfe gerieten in Vergessenheit. Am Ende des Kommunismus lebten noch 5000 – 10000 Juden in Polen. Die meisten verleugneten ihre Herkunft.

 

Mit dem Ende der kommunistischen Diktatur begann eine kulturelle, soziale und religiöse Wiederbelebung der jüdischen Tradition. Leider bestätigen Umfragen das auch heute noch 45% Prozent der polnischen Bevölkerung eine Antipathie gegen Juden haben. Da hat der Kommunismus in einem ehemals so toleranten Land ganze Arbeit geleistet. Heute Leben wieder 8000 – 12000 Juden in Polen. Ein Erfolg.

 

Wir sollten lernen, wie leicht man Ängste und Misstrauen politisch ausnutzen kann und wohin das führt. Nicht Polen, sondern Deutschland ist verantwortlich für die systematische Vernichtung der Juden auf dem Gebiet des heutigen Polens. Die Polen besitzen die meisten Auszeichnungen „Gerechte unter den Völkern“ im Museum Yad Vashem. Aber skrupellose Politiker bedienen sich Vorurteilen um eigene Machtinteressen zu sichern. Währet den Anfängen!!!!

 

 

Der Friedhof ist ein Sinnbild dieser Geschichte und das kleine Schild am Straßenrand, das den Weg weist durch Brennnesseln und Gestrüpp ist für mich ein Zeichen der Hoffnung.

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